Adaptive Optik

Obwohl Aktive Optik sicherstellen kann, dass ein Teleskopspiegel seine perfekte Form behält, verzerren Turbulenzen in der Erdatmosphäre selbst die an den besten Beobachtungsstandorten der Welt aufgenommenen Bilder. Das gilt auch für die Observatorien der ESO in Chile wie das Very Large Telescope auf dem Paranal. Die Luftunruhe lässt Sterne funkeln – aber was Dichter inspiriert, ist für Astronomen in höchstem Maße frustrierend, denn es lässt die feinen Details des Kosmos auf den Aufnahmen verschwimmen. Beobachtungen direkt aus dem Weltall vermeiden diesen Effekt. Verglichen mit bodengebundenen Anlagen sind die Kosten für Bau und Betrieb von Weltraumteleskopen jedoch extrem hoch. Das setzt der Größe und dem Einsatzbereich von Weltraumteleskopen enge Grenzen.

Um dieses Problem zu lösen, haben sich die Astronomen einer Methode namens Adaptive Optik zugewandt. Ausgeklügelte verformbare Spiegel können die Verzerrungen, die von der Luftunruhe hervorgerufen werden, computergesteuert in Echtzeit korrigieren. Die resultierenden Bilder werden fast so scharf, als ob sie vom Weltall aus aufgenommen worden wären. Adaptive Optik ermöglicht es dem korrigierten optischen System, feinere Details an lichtschwächeren Himmelsobjekten zu beobachten als es sonst vom Erdboden aus möglich wäre.

Adaptive Optik erfordert einen hellen Referenzstern, der am Himmel in nicht allzu großer Entfernung von dem angepeilten Beobachtungsobjekt steht. Anhand dieses Referenzsterns lässt sich die Turbulenz der Erdatmosphäre messen und anschließend mit dem verformbaren Spiegel ausgleichen. Allerdings ist die Anzahl geeigneter Referenzsterne begrenzt. Um diese Beschränkung aufzuheben, können die Astronomen mit einem leistungsstarken Laserstrahl künstliche Sterne in 90 Kilometern Höhe an die gewünschte Stelle des Himmels projizieren. Dank dieser Laserleitsterne lässt sich mittlerweile fast der gesamte Himmel mit Adaptiver Optik beobachten.

Bei der Entwicklung der Adaptiven Optik und der Technologie der Laserleitsterne spielt die ESO seit 1989 eine Vorreiterrolle. Die Laserleitstern-Anlage am VLT war die erste ihrer Art auf der Südhalbkugel der Erde. Im Laufe der Jahre hat die ESO mit einer Reihe europäischer Institute und Industrieunternehmen zusammengearbeitet, um so auf diesem Gebiet weltweit an der Spitze zu bleiben. Das Paranal-Observatorium hat nicht nur die meisten, sondern auch die fortschrittlichsten Systeme Adaptiver Optik, die derzeit in Gebrauch sind.

Laser Guide Star Facility (LGSF)
Laserleitstern-Anlage (LGSF).
Bildnachweis: ESO/H.H.Heyer
Ein Laserleitstrahl zeigt auf das galaktische Zentrum
Ein Laserstrahl zeigt auf das galaktische Zentrum.
Bildnachweis: ESO/Y. Beletsky
The Centre of the Milky Way
Die Zentralregion der Milchstraße.
Bildnachweis: ESO/S. Gillessen et al.

Die Instrumente mit Adaptiver Optik bei der ESO haben viele bemerkenswerte wissenschaftliche Resultate geliefert. Dies beinhaltet die ersten direkten Beobachtungen eines Exoplaneten in unmittelbarer Nähe eines hellen Sterns ebenso wie die detaillierte Untersuchung der Umgebung des Schwarzen Lochs im Zentrum der Milchstraße.

Die nächste Generation von Adaptiver Optik wird – unterstützt durch die Wissenschaftsförderung der Europäischen Kommission – sowohl am VLT als auch am Extremely Large Telescope zum Einsatz kommen. Dies beinhaltet die Verwendung mehrerer Laserleitsterne gleichzeitig am VLT ebenso wie hochentwickelte Instrumente wie den Planetensucher SPHERE. Noch weiter fortgeschrittene Systeme, die auf die Herausforderungen zugeschnitten sind, die das ELT mit seinem Hauptspiegel der 40-Meter-Klasse stellen wird, befinden sich zur Zeit in der Entwicklung. Erst kürzlich konnte man beachtliche Fortschritte bei der Vergrößerung des korrigierten Gesichtsfeldes erzielen – mit entsprechenden Konsequenzen für das Design zukünftiger Systeme Adaptiver Optik für VLT und ELT.